Fernab der Zivilisation verläuft entlang der Westküste der USA ein 4277 km langer Wanderweg genannt "Pacific Crest Trail". Zu Fuß benötigt man mehr oder weniger fünf Monate, um von der mexikanischen Grenze nordwärts, Kalifornien, Oregon und Washington zu durchqueren, um schlussendlich Kanada zu erreichen. Jedes Jahr starten ein paar Verrückte, um sich diesem Abenteuer zu stellen. In 2010 bin ich einer davon! ;)



Donnerstag, 29. April 2010

On the Road (Trail) again

11.Tag (Meile 160) Fühle mich wie ein Lastesel! Ursache hierfür sind nicht nur die 6 Tage Lebensmittel und die 500g Steigeisen im Rucksack, sondern vor allem die Tatsache, dass ich mich während des ADZPCTKO überfressen habe. Trail Angel"Rockstar" war so nett mich und 2 andere Wanderer nach der Feier die 200km zurück zum Trail zu fahren. Nochmals vielen Dank dafür und möge dir der Apfelstrudel schmecken.

Quäle mich langsam die Höhenmeter zum Apache-Peak hinauf. Die Luft wird immer dünner und ich merke, wie mir schon bei leichter Anstrengung die Puste ausgeht. Die folgenden Tage werde ich in einer Höhe von bis zu 3000m verbringen und vorraussichtlich mit reichlich Schnee zu kämpfen haben.

Der Trail hat sich mal wieder vollkommen gewandelt. Laufe jetzt durch felsigen Kiefernwald und werde von der Sonne verwöhnt. Mitten auf einem Sattel finde ich den perfekten Zeltplatz für die Nacht.

Bis bald
Michael

Mittwoch, 28. April 2010

ADZPCTKO

Was auch immer diese Buchstaben bedeuten mögen, hierbei handelt es sich um den Namen für die alljährliche Eröffnungsfeier des PCT. Stattfinden tut das Ganze auf dem Campingplatz am Lake Morena. Bedauerlicherweise befindet sich dieser Ort natürlich nahe der mexikanischen Grenze, was für mich eine Rückkehr zum Ausgangspunkt bedeutet. Im Gegenzug muß ich mich dafür nicht in die Ameisenstraße der Wanderer einreihen, die nach der Veranstaltung gemeinsam losziehen.

Das Event gleicht wohl am ehesten einem Rockfestival, nur dass statt der Bands Leute des US-Forstamtes oder Lehrer für Bergwandertechnik im Vordergrund stehen. Hierbei darf ich die freie Kost und Logie für Thruhiker natürlich nicht vergessen, was ich hemmungslos ausgenutzt habe. Ein besonderes Highlight stellte noch die erste öffentliche Vorführung einer Fernsehdokumentation des NationalGeographic über den PCT dar. Die darin gezeigten Aufnahmen machen Lust auf Mehr.

In einem eigenen Bereich auf dem Zeltplatz gab es dann noch die neueste, Ultraleicht-Ausrüstung der US-Spitzenmarken zu sehen. Habe die Gelegenheit genutzt, mich für die kommenden Bergetappen auszurüsten und Ministeigeisen, sowie verstellbare Trekkingstöcke gekauft (damit ich das Tarp bei schlechtem Wetter tiefer abspannen kann).

Die Abende wurden am Lagerfeuer mit den neuesten Schauergeschichten verbracht und den morgentlichen Weckruf per Dudelsack werde ich so schnell nicht vergessen.

Alles in Allem war das Event ein voller Erfolg. Dennoch möchte ich eine Sache, die mich zu tiefst entäuscht hat nicht unterschlagen. Aus Tradition werden während des Festes Kopftücher an die zukünftigen Thruhiker verteilt. Diese sind vielseitig zu gebrauchen (z.B. als Sonnenschutz, Handtuch oder Kaffeefilter) und sind mit einer Pct-Karte, sowie der Aufschrift "Hiker to town" und "Hiker to trail" bedruckt, was das Hitch-Hiking erleichtern soll. Diese sogenannten Bandanas haben jedes Jahr eine andere Farbe. Letztes Jahr waren sie gelb, davor das Jahr orange und ausgerechnet in 2010 mußten sie die Teile in ROSA machen. Hätten die sich das nicht fürs nächste Jahr aufheben können!? ;-)
http://www.siechert.org/adz/pct_bandana.htm

Michael

Sonntag, 25. April 2010

Wechselhaft

8.Tag (Meile 152)

Gestern lief ich, bei 25Grad im Schatten, schwitzend durch Blumenwiesen. Heute quäle ich mich durch einen Schneesturm. Scheint, als wollte mich die Natur daran erinnern, nicht leichfertig zu werden und stehts auf alles vorbereitet zu sein! Die Eisaxt aus der Bounce-Box genommen zu haben, scheint mir heute um so mehr als sinnvoll. Zumal der Trail für die nächsten 50 Meilen auf einer Höhe von bis zu 3000m verläuft.

Weil ich in dem Scheißwetter nicht die geringste Lust verspürte mich irgendwo, nahezu ungeschützt, ins Nasse zu setzen, habe ich mit 23,5mi einen neuen persöhnlichen Rekord aufgestellt. Noch vor 8 Tagen hätte ich es für unmöglich gehalten 38km an einem einzigen Tag zu wandern. Heute erschien es mir leicht. Kann mich nicht erinnern jemals in so guter körperlicher Verfassung gewesen zu sein. Fühlt sich gut an und macht Lust auf Mehr! Da spielt es auch keine Rolle, dass mein Etappenziel, das Paradise-Cafe am Highway 74, wegen "Managementwechsels" geschlossen ist und ich draußen im Schnee auf eine Mitfahrgelegenheit warten muß.

Jetzt gehts jedenfalls erst einmal zurück nach Lake Morena, wo das alljährliche Eröffnungsevent für den PCT stattfindet. Erwartet werden ca. 200 Section- und Thruhiker und nebenbei kann man diversen Vorträgen lauschen oder die Zeltläden der Ultraleicht- Gurus durchstöbern. kann es kaum erwarten. Wenn möglich werde ich ein paar leichte, größenverstellbare Trekkingstöcke erwerben. Meine haben sich in Kombination mit dem Tarp als unpraktisch erwiesen. Kann es bei schlechtem Wetter nämlich nicht so flach aufbauen wie ich gerne würde, was dazu führt, dass der Wind die Regentropfen bis auf meinen Schlafsack bläst.

Michael

Freitag, 23. April 2010

Hot Pool und Hamburger

7. Tag (Mile 113)
http://maps.google.com/maps?q=33.29522,-116.63869
Heute Vormittag hab' ich im Post-Office von Warner Springs meine Bounce-Box in Empfang genommen. Ein paar Dinge, die ich wohl nicht mehr brauchen werde hineingelegt und ein paar Fertiggerichte, sowie meine Eisaxt herausgenommen. Bounce-Box nennt man ein Paket, welches man sich parallel zum Trail von Post-Office zu Post-Office schickt. Sie enthält vor allem Ausrüstung, die man gerade nicht benötigt und daher auch nicht mit sich herumschleppen will. Meine enthält z.B. einen Sommerschlafsack, Straßenkleidung, einen Ersatz-Rucksack, eine leichte Isomatte (falls meine mal kaputt geht), sowie dehydrierte Abendessen und ein paar Kleinigkeiten. Aufgrund meines besonders großen Pakets kostet der Versand stolze 15,95 Dollar. Glücklicherweise kann man das Paket aber kostenlos weiterschicken lassen, wenn man es an einer Station mal nicht öffnet.

Wer hätte Das gedacht, 7 Tage und ca. 4% des Weges liegen hinter mir und obwohl ich reichlich Milen hinter mich gebracht habe, steigt meine Begeisterung von Tag zu Tag! Nicht zuletzt wegen der Menschen, die mir hier über den Weg laufen, aber vor Allem wegen dieser wunderschönen, abwechslungsreichen Landschaft.  Gestern noch bin ich über einen komplett mit Kakteen bewachsenen Berg gewandert. Heute durchquere ich seichte Hügellandschaft und weite, blumenbestückte Täler. Mir ist schon klar, dass sich das ziemlich schmalzig anhört, trotzdem trifft es zu.

Als ich gestern Abend in Warner Springs eintrudelte, staunte ich nicht schlecht, als mir die Empfangsdame des Hotels für 10Dollar Zugang zum Restaurant und zum, aus einer heißen Quelle gefüllten, Hot- Pool anbot. Die hatte den Satz noch nicht vollendet, da lag mein Geld schon auf dem Tresen.

Zuerst gings ins Restaurant, wo ich mir mit Brot und Butter, sowie einem Riesen-Burger und Fritten den Bauch vollgeschlagen habe und anschließend entspannte ich meine geschundenen Muskeln im heißen Wasser. Warum der Pool heute Morgen einem kompletten Wasserwechsel unterzogen wurde weiß ich nicht. Hoffe natürlich, dass es nichts mit dem Schmutz zu tun hat, der sich während der 6 tägigen Wüstenwanderung auf meinem Körper angesammelt hat. ;)  

Wo wir gerade beim Thema Hamburger sind. - Mittlerweile merke ich, dass ich von dem bisschen Futter welches ich zu mir nehme nicht mehr wirklich satt zu kriegen bin. Jemand hat mir mal erzählt, dass ein Thruhiker ca. 5000 Kalorien pro Tag verbraucht. :-O Das Snickers, welches ich gerade in meinen Mund geschoben und fast ohne zu kauen heruntergeschluckt habe, hatte 280 Kalorien. Das würde bedeuten, dass ich ganze 18 Stück essen müsste, um meinen Tagesbedarf zu decken und damit mein Gewicht zu halten. Mir wird schlecht!
Schiebe ich wohl besser direkt mal ne Tüte Chips hinterher!

Zwei Dinge zum Thema Gastfreundschaft möchte ich noch erwähnen. Zum Einen haben mich die beiden Thruhiker "Rosie" und "Halfbrow" letzte Nacht für lau mit in ihrem Zimmer schlafen lassen, wo ich das Handy aufladen und ein paar Sachen waschen konnte. Zum Anderen haben mir gestern zwei Wanderer erzählt, wie die ganzen Wasserflaschen zum "Water-Cache" auf den Berg hinter Siccors Crossing kommen. Ein 60 Jahre alter Trail-Angel schleppt jeden Tag 4 Galonen, also ca.16 Liter Wasser, zu Fuss von seinem Haus, zur ca.1,5mi entferten Bergspitze hinauf. Und Das jeden Tag. Unglaublich!!!

Cu
Michael

5. Tag "On Trail"

http://maps.google.com/maps?q=33.09819,-116.47193
Hätte nicht zu hoffen gewagt, dass mir die Temperaturen und die langen Tagesetappen so wenig ausmachen. Sitze im Schatten unter einer Brücke bei Mile 78 (von der mexikanischen Grenze). Habe gerade 5 Liter Wasser an einem "Water Cash" aufgenommen, der von freiwilligen Einheimischen unterhalten wird, mit dem einzigen Zweck, die Wanderer zu unterstützen. Sie werden daher "Trail Angels" genannt und ohne sie müsste ich vermutlich 32mi, also ca. 50km, ohne Wasser auskommen! UNBELIEVABLE!

Mit mir zusammen befinden sich schon eine ganze Menge anderer Hiker auf dem Trail. Bis heute bin ich schätzungsweise mehr als 30 "Thruhikern", bzw. zukünftigen begegnet. Dementsprechend trifft man während des wanderns immer wieder jemanden und abends im Camp kann es ziemlich lustig werden. Thruhiker sind jedenfalls sehr kontaktfreudig ;n) .

Hier gibt es sooo viel zu sehen. Obwohl es sehr trocken ist, findet man überall Tiere. Eidechsen (auf jedem Stein), Marder, Rehe, Hasen, Käfer mit rotem Flaum, große Greifvögel, Hornytoads (keine Ahnung wie diese mini-Dinosaurier auf deutsch heißen) und natürlich Schlangen. Mittlerweile habe ich 8 Stück gezählt. Eine von ihnen kämpfte mitten auf dem Trail mit einer Eidechse, 3 Andere hatten Rasseln!!! Bin jedenfalls noch nicht gebissen worden und habe auch nicht vor dies zuzulassen.

Freue mich auf die große Eröffnungsfeier, zu der ich vorraussichtlich am Freitag zurück fahren werde.

Liebe Grüße
Michael 

Dienstag, 13. April 2010

Transfer

Ich sitze vor einem großen Fenster, höre meine Lieblingsplatte und beobachte das emsige Treiben auf dem Flugfeld von Atlanta.
Wer hätte gedacht, dass dieser Zeitpunkt so schnell eintreffen würde. Mir kam es vor, als wären die letzten Monate mit exponentiell steigender Geschwindigkeit verstrichen. Habe das Gefühl als sei ich erst gestern in Frankfurt wegen des Visums gewesen, dabei ist das schon wieder volle 2 Monate her.

Alle meine irdischen Besitztümer sind in einer angemieteten 12qm Garage untergebracht. Einzige Ausnahmen sind der kleine Rucksack,der auf dem Stuhl zu meiner Linken liegt und ein Karton, welcher vermutlich gerade irgendwo im Gepäcksystem des Flughafens von einem zum nächsten Transportband weitergereicht wird, um schon bald in die Delta Airlines Maschine DL1047 Richtung San Diego verladen zu werden.

6 Monate Vorbereitung und ich habe trotzdem keinen Plan, was auf mich zukommt. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich nicht jedes Detail der Reise geplant habe, sondern meine verbleibende Zeit viel lieber mit Partner, Freunden und Familie verbringen wollte. So ist es nicht verwunderlich, dass ich noch keine Ahnung habe wo ich die Nacht verbringe, wenn mein Flugzeug um 22:40 Uhr in San Diego landet. ;-)